Dota Kehr

Die Flut
An dem Tag, als die Flut schließlich kam War ich schon etwas früher als üblich zu Haus Das Wasser trat ein, ziemlich rasch Es war kalt, stieg unaufhaltsam und sah etwas trübe aus Es erfasste ohne Hast jeden Gegenstand, der ihm im Wege stand Bis er sich in einem schwimmenden Strudel verlor Und es füllte mit Macht jedes Zimmer, jeden Schacht Riss das Dach fort und stieg weiter empor Ich weiß noch, wie ich da stand und es umschloss mеinen Kopf Plötzlich Stille, nur noch gedämpftеr trüber Schall Ich wollte noch kämpfen und ich wollte gern fliehen Doch die Flut war schon überall Seitdem leb' ich hier ziemlich langsam und fast ohne Schwerkraft Mal ziehts mich hinunter, mal spült's mich hinauf In den schattigen Winkeln unterm Bett und unterm Schrank Lauern mir oft große Raubfische auf Im Treppenhaus dunkel, gedeihen sogar Hohe Pflanzen, dorthin traue ich mich nicht Im kaum merklichen Rhythmus der Wellen schaukeln sie dann Ihre schlingernden Rankenarme um sich Manchmal schwimm' ich raus Nasse Leere und schwebende Teilchen Nur um die toten Straßenbäume krebst kleines Getier Nach und nach besiedeln sich mit Seeigeln, die Straßen und Plätze Es ist wohl zu warm für Korallen hier Und selten schwimm' ich hoch und verweile dann kurz Unter der Oberfläche, überleg', ob ich wohl auftauch' Glitzernd fällt das Licht durch die Wellen zu mir hindurch Und ich weiß, dass ich von da oben nichts weiter brauch' From Letras Mania