Fiva

Klarsicht
Ich sitz' am Fensterplatz, in erster Reihe rotes Haus im vierten Stock / mit Frühstück, Müsli, schwarzem Tee und meinem Block / im Nachbarhaus das Loungebüro der Werbeagentur / voll kreativer Milchkaffees mit Keks als Garnitur / Gelfrisur hält Haltung bei der Hektik hier am Puls der Zeit / Praktikanten produzieren unbezahlt die Wirklichkeit / Riecht Erfolg! Image macht aus Scheiße Gold / Was Kunde will, das wird gewollt, was man schreibt erzieht das Volk / Das zwei Etagen tiefer, diskutiert im kleinen Pub / der außer Bier und Schnaps noch liefert was man halt zu Haus nicht hat / hier findet der Austausch statt, zur nationalen Lage / hier bildet sich Meinung auf Bierdeckeln und starker Fahne / Während nebenan zwei Fenster auf zwei Zimmer Einblick geben / In denen Eltern und vier Kinder schon seit Jahren leben / neben Kochtöpfen und Hausaufgaben macht das Fernsehen das Programm / und programmiert die Wünsche, die man sich nie leisten kann Selbst wenn ich nicht mehr seh' als ihr / erzählen euch die Fenster von dem was passiert / erzählen euch die Fenster von dem was mal wird / und es wichtig einen Blick zu werfen, seinen Blick zu schärfen / selbst wenn ich nicht mehr seh als ihr / erzählen euch die Fenster von dem was passiert / und es liegt an uns was später draus wird / und es lohnt sich einen Blick zu werfen, seinen Blick zu schärfen Letras de cancionesIn meiner Straße hat bald der sechste Handyshop offen / hat dann zwei Wochen auf und danach wieder geschlossen / das Schaufenster mit Packpapier verdeckt den Blick auf Existenzen / die nicht von Preisen profitieren, sondern von Menschen / die sind beschäftigt mit dem Fressen, kämpfen mit den Konsequenzen / suchen sich im Kaffeesatz und Capoeiratänzen / ich seh sie durch die Scheiben glänzen, Schweißperlen im Fitnessraum / das Land braucht starke Männer und die Männer fitte Frauen / Schaufenster ein Albtraum fürs Figurproblem / und wenn ich öfter "nein" sag, wächst dann mein Fett nicht so? / den ganzen Dreck ins Klo und dann ins Wartezimmer / zum Arzt bevor die Zeichen sich verschlimmern / hinterm Glas sieht man Patienten wimmern, ohne Grund und Disziplin / Schmerzen fügen sie sich zu, den Rest mach dann die Medizin. -chorus- -cuts- Ich kenn' meine Umgebung und seh' sie jeden Tag / seh' die Leute, die Mensche, ihre Gesichter Es dämmert und die Sonne sinkt über dem Lichtermeer / und hinter Windschutzscheiben quält sich müde Hunger durch den Schichtverkehr / die Läden zu mit denen man die Sicht verwehrt / ich hab genug gesehn'n für heut' jetzt wird es Zeit für Schriftverkehr / genug für tausend Bücher, Stoff vom Fensterbrett / an einem Tag der so normal ist, wie Schnee im März und Gansterrap / wie fragen nach dem Wetter und "Was geht denn im Container ab?" / Ja, mach doch mal die Augen auf, ich leb' in ner Containerstadt / Nenn mich naiv, weil ich noch glaub was Kinder glauben / Um das Leben zu verstehen, brauch' ich ein Fenster und zwei Augen / Man sitzt am Schreibtisch voll Papier ohne den Blick nach außen / und lässt die Politik von der Statistik taufen / während man das Schicksal vieler Menschen nur in Zahlen misst / erzählen Fenster dir vom Leben wie es wirklich ist / wer wissen will warum und wie schaut zu und fragt nicht / man muss doch kein Prophet sein, für das bisschen Klarsicht. -chorus- -cuts- From Letras Mania